BlogAbenteuer in der Tundra-Der Arktis-Highway nach Tuktoyaktuk

Abenteuer in der Tundra-Der Arktis-Highway nach Tuktoyaktuk

Arktis-Highway von Inuvik nach Tuktoyaktuk

Der Arktis-Highway von Inuvik nach Tuktoyaktuk eröffnet Reisenden im Winter eine spektakuläre Welt aus Eis und Schnee in einem der einsamsten Landstriche der Welt.

Ein Gastbeitrag vom in Kanada lebenden Journalisten Jörg Michel

Nass und dunkel
Plötzlich tröpfelt es auf mein Gesicht, dann auf meinen Schlafsack. Ich schrecke auf. Wo nur bin ich? Und warum bin ich plötzlich nass? Noch ist es stockdunkel und ich kann nichts erkennen. Die Kerzen, die ich mir gestern vor dem Schlafengehen angezündet hatte, sind längst erloschen.  

Guten Morgen. Alles klar da drinnen!
Auf einmal höre ich Schritte im Schnee. „Guten Morgen. Alles klar da drinnen“, ruft mir jemand zu. Ein Mann mit Pelzmütze streckt seinen Kopf zu mir herein. In diesem Moment sehe ich wieder klarer: Ich liege in einem Iglu und der Mann ist mein Tourguide, der das eisige Gebäude gebaut hat. 

Aber warum schmilzt das Eis?
„Alles prima“, antworte ich, „aber warum schmilzt das Eis?“ Der Guide erklärt: Meine Körperwärme hat das Innere des Iglus über Nacht auf leicht über null Grad erwärmt. Auch die Heizdecke, die er dankenswerterweise unter meinen Schlafsack und die Rentier-Felle gelegt hat, wärmt das Iglu auf. 

Bitterkalt im „Okpic Arctic Village“
Das ist auch nötig, denn der Morgen ist bitterkalt im „Okpic Arctic Village“, einem Lager aus Iglus und Tipis unweit der Gemeinde Inuvik in den Nordwest-Territorien. Die Iglus stehen auf einem gefrorenen See und gehören zu Tundra North Tours, einem der bekanntesten indigenen Touranbieter in Kanada.

Arktis-Highway von Inuvik nach Tuktoyaktuk

Kuscheliges Iglu
Über Nacht sind die Temperaturen auf minus dreißig Grad gefallen und ich zögere, mein kuscheliges Eishaus zu verlassen. Doch der Guide hat die Motorschlitten schon angelassen und den Proviant eingepackt. Es bleibt gerade noch Zeit für einen schnellen Kaffee im Küchenzelt, dann geht es los.  

Unterwegs in der Kälte
Vor uns liegt eine dreistündige Fahrt mit dem Motorschlitten, querfeldein durch die Wildnis. Wir wollen Rentiere finden, die einzige freilebende Herde, die es in Kanada gibt. Die etwa 3000 Tiere befinden sich gerade auf ihrer alljährlichen Wanderung durch die Tundra.  

Mit dem Motorchlitten durch die Tundra
Ich trage alle Klamotten, die ich mitgenommen habe: zwei Schichten Thermo-Unterwäsche, arktische Spezialausrüstung, einen Parka mit Kojotenpelz und kniehohe Bauarbeiterstiefel vom Typ „Heavy Duty“. Der Guide fährt voraus, wir folgen ihm mit den Schlitten durch die Tundra.  

Es geht über schneebedeckte Seen, durch Buschland und Wäldchen hindurch, vorbei an ein paar Blockhütten und Wegmarkern. In weiten Schleifen durchziehen wir die Landschaft und schon bald habe ich jeden Sinn für Zeit und Raum verloren. Den beißenden Wind in meinem Gesicht ignoriere ich. 

Die Rentiere sind zu sehen
Nach einer gefühlten Ewigkeit lasse ich mich von meinem Motorschlitten auf einen Bergkamm ziehen. Die Maschinen jaulen und wirbeln eine riesige Wolke Pulverschnee hinter mir auf. Dann endlich sehe ich sie im Schneegestöber: Die Rentiere haben sich auf einer weiten Ebene versammelt. 

Arktis-Highway von Inuvik nach Tuktoyaktuk

Zusammengedrängt stehen sie zu Hunderten in der Wildnis, scharren mit ihren Hufen im Schnee und kauen an ein paar kleinen Büschen herum. Ihre zackigen Geweihe recken sich in den neblig-trüben Polarhimmel und sehen aus, wie ein riesiges Mosaik. Aus ihren Nüstern dampft der feuchte Atem. 

Zusätzliches Auskommen für die indigenen Bewohnern
Als wir uns den Rentieren nähern, schauen sie uns neugierig an. Sie sind Menschen gewöhnt, denn sie leben halbwild und werden von Viehhirten bewacht. Nach Kanada kamen sie vor über 80 Jahren aus Russland, um den indigenen Bewohnern der Region ein zusätzliches Auskommen zu bieten.  

Reisen im Winter auf dem Arctic Highway bedeutet

  • Schlafen im Iglu

  • Fahren mit dem Motorschlitten oder Hundeschlitten

  • Rentiere beobachten

Über den Inuvik-Tuktoyaktuk-Highway an den arktischen Ozean
Für uns ist nach gut einer Stunde die Zeit zum Aufbruch gekommen, denn wir wollen am Abend mit dem Auto noch über den Inuvik-Tuktoyaktuk-Highway an den arktischen Ozean weiterfahren. Der Rückweg zur Straße ist genauso eisig, lang und holprig, aber irgendwie kommt mir die Fahrt diesmal kürzer vor.  

Als wir die Straße erreichen, hat sich der Nebel aufgelöst und der Himmel ist blau. Wir steigen in einen Geländewagen um und kreuzen auf dem Arktis-Highway nach Norden. Der Highway wurde 2017 eröffnet und gilt als Kanadas nördlichste Straße, eine der einsamsten Verkehrsverbindungen der Welt.  

138 Kilometer von Inuvik nach Tuktoyaktuk
Die Schotterpiste führt über 138 Kilometer von Inuvik in das 900-Seelen-Dörfchen Tuktoyaktuk durch die menschenleere Arktis. Von dem Schotter spüren wir erstmal nichts, denn der Straßenbelag ist von dünnem Eis und feinem Schnee überzogen und hart wie Beton. 

Arktis-Highway von Inuvik nach Tuktoyaktuk

Die Fahrbahn windet sich wie eine graue Schlange durch die flache Winterlandschaft und meine Augen haben Mühe, irgendwo Halt zu finden. Außer Schneeverwehungen und Sträuchern gibt es hier nichts. Auch keine Leitplanken oder Entfernungsmarker, ebenso wenig Tankstellen oder Parkplätze. 

Horizont Pingos, markante Hügel, wie riesige Beulen im Nirgendwo
Nach einer Stunde tauchen am Horizont Pingos auf, markante Hügel, die aussehen wie riesige Beulen im Nirgendwo. Die Erhebungen entstehen durch das Gefrieren und Auftauen des Permafrosts und können bis zu 70 Meter hoch werden. Kurz dahinter erkenne ich Telegrafenmasten und schneebedeckte Dächer. 

Ankunft in Tuktoyaktuk.
Die Sonne steht flach am Horizont, das Licht dämmert. Am Ortseingang fahren wir an Lagerhallen vorbei, an einem Friedhof und bunten Holzhäuschen. Aus den Kaminen der Häuser dampft der Rauch, die Fenster sind mit Eiskristallen beschlagen. Hinter den Scheiben flackert Licht.  

Der Nordpol ist noch 2286 Kilometer Luftlinie entfernt
Am Ende der Straße dann der Höhepunkt: Hier hört der nordamerikanische Kontinent auf, der arktische Ozean beginnt. Der Nordpol ist 2286 Kilometer Luftlinie entfernt. Als die Sonne hinter der vereisten Wasseroberfläche verschwindet, glüht der Himmel in violetten Farben. Was für ein Abenteuer! 

ENDE 

Info zum Dempster Highway und Arktis-Highway:
Nach Inuvik in den Nordwest-Territorien gelangt man mit dem Auto über den Dempster Highway, der in Dawson City im Yukon beginnt. Die Entfernung beträgt gut 1200 Kilometer. Von Inuvik geht es auf dem Highway 8 über 138 Kilometer bis nach Tuktoyaktuk. Lokale Outfitter wie beispielsweise Tundra North Tours bieten geführte Ausflugsprogramme an. 

Reisezeit: 
Die beste Reisezeit ist Februar bis März. Dann kreuzen mit Glück die Rentiere den Highway. Im Frühjahr ist die Straße wegen des Tauwetters oft für Wartungsarbeiten geschlossen. Im Sommer empfiehlt sich eine Fahrt in den frühen Morgenstunden, bevor die Sonne das Straßenbett aufweicht. 

Jörg Michel arbeitet als freier Journalist, Buchautor und Auslandskorrespondent in Kanada. Nach über zehn Jahren bei einer Tageszeitung in Berlin war er 2010 nach Kanada ausgewandert. Dort lebte er unter anderem in Banff, Jasper und Victoria bevor er nach Calgary zog. In Kanada hat er alle Provinzen und Territorien bereist, meist mehrmals. Im 360-Grad-Verlag sind von ihm zwei Reiseführer „abseits der ausgetretenen Pfade“ erschienen: einer über Alberta, einer über British Columbia.

Auf Social Media finden Sie ihn auf Facebook (@storiescanada) und Instagram (joerg_stories_canada)
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Informationen zu Reisen:
Gerne organisieren wir für Sie Reisen z.B. eine individuell gestaltete Mietwagen- oder Wohnmobiltouren in den Yukon und über den Dempster Highway nach Inuvik und weiter bis nach Tuktoyaktuk. Finden Sie hier ein Reisebeispiel einer Kleingruppenreise:

Schreiben Sie uns von Canada Dream Tours Ihre Reisewünsche: mail@canadadreamtours.de 
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